Kooperations-Werkzeuge für Hof- und Vermarktungsgemeinschaften

11. Wie begegnen wir uns?

  • Arbeitsschritte

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    Achtung, diese Methoden empfehlen wir nur in Teams, die spannungsarm zusammen arbeiten und dennoch ihre Teamkultur verbessern wollen. Sind größere Spannungen vorhanden, empfehlen wir, externe Begleitung in Anspruch zu nehmen. Spannungsarm definieren wir so:

    • die verbale Kommunikation ist nicht stark erschwert
    • das Mitgefühl für den andern ist noch vorhanden
    • es findet keine stärkere Koalitionsbildung im Team statt
    • wir haben noch Freude daran, uns gegenseitige auf persönliche Entwicklungsaufgaben hinzuweisen und das anzunehmen.

    Sobald einer dieser Punkte beeinträchtigt ist, können diese Methoden aus unserer Erfahrung nicht mehr ohne Begleitung von außen angewendet werden.

    Wieso ist die Beschäftigung mit den Fragen der Begegnung sinnvoll?

    Regelmäßige Begegnung

    Gelingende Gemeinschaften bedürfen der lebendigen persönlichen Begegnung. Es geht darum regelmäßig zu erfahren, was die Anderen beschäftigt, an welchen „Baustellen“ sie gerade dran sind und was an Arbeiten ansteht. Es sollte gelingen, ein Stück weit durch die Brille des anderen zu schauen. Denn dies erleichtert einerseits die Zusammenarbeit, und erweitert andererseits die eigene Entwicklungs- und Handlungsfähigkeit. Deshalb ist die Grundlage eines jeden Gemeinschaftsprozesses die verpflichtende Vereinbarung, regelmäßige Treffen mit festen, unumstößlichen Zeitpunkten abzuhalten.

    Die Teilnahme an den Treffen muss für alle Beteiligten gut möglich sein und die Themenauswahl für alle Beteiligten passen. Denn z.B.

    • muss der Hofbäcker mit sehr eigenständigem Arbeitsbereich nicht an der täglichen Arbeitsbesprechung der Landwirte teilnehmen, es sei denn freiwillig.
    • hat im großen Treffen einer vielseitigen Unternehmung das Operative eines Betriebszweiges nichts zu suchen.

    Er bedarf also verschiedener Arten von Treffen: tägliche Arbeitsbesprechungen, Besprechungen für strategische und allgemeine Fragen und Treffen für die Evaluation der eigenen Zusammenarbeit. (siehe unten)

    Echtes Interesse an der Andersartigkeit des Andern und an der eigenen Entwicklung

    Neben den vielen Vorteilen, die die Zusammenarbeit als Gemeinschaft mit sich bringt, kann sie insbesondere wegen befürchteten oder erfahrenen sozialen Problemen in der Zusammenarbeit schwierig sein.

    Denn möglicherweise

    • haben wir nicht wirklich „gelernt“, mit den eigenen tieferen Bedürfnissen und Emotionen und denen der anderen umzugehen. Und möglicherweise kennen wir die eigenen Emotionen und geheimsten Wünsche selbst kaum oder lassen sie nicht zu, begegnen ihnen aber im Umgang mit Anderen
    • kann Zusammenarbeit leicht zu Missverständnis und Interpretationen führen (bei mir kommt eine andere Botschaft an als abgesendet wurde)
    • hält uns das Bedürfnis nach Harmonie oder unsere eigene Angst und „Feigheit“ davon ab, wirklich ehrlich und direkt zu sein
    • fungiert der Partner/Kollege als Spiegel, man ärgert sich beim andern über das was man selbst nicht kann oder gerne können würde
    • usw.

    Insofern begibt man sich als Gemeinschaft im sozialen Prozess immer auf einen Weg mit vielen Unbekannten, der viel positive persönliche und gemeinschaftliche Entwicklung ermöglicht und viele weitere Vorteile bringen kann. Der aber auch viel Mut und Ehrlichkeit mit sich und anderen erfordert.

    Wann empfehlen wir die Beschäftigung mit diesen Fragen besonders?

    Die Beschäftigung mit den Fragen der Begegnung und Teamentwicklung ist besonders wichtig zur Vorbeugung oder Verbesserung belastender Beziehungen im Unternehmerteam. Wichtig ist uns dabei: Wenn die Zusammenarbeit durch fehlende oder unklare Vereinbarungen belastet ist, und das kommt häufig vor, sollten die Arbeitsfelder 1 (Wo stehen wir?) bis 10 (Haben wir alles was wir brauchen?) zügig besprochen und dabei Vereinbarungen getroffen werden. In stark belasteten Beziehungen ist es jedoch sinnvoll, zuerst durch externe Begleitung die Zusammenarbeitsfähigkeit wieder herzustellen und dann die Arbeitsfelder nacheinander zu bearbeiten.

    Arbeitsschritte

    Die Erfordernisse jeder Gemeinschaft sind bei dieser Thematik natürlich sehr verschieden. Zentral wichtig ist aber die regelmäßige und fruchtbare Begegnung , deshalb möchten wir dazu näheres ausführen. Unter Ergänzungen finden Sie einige bewährte Methoden mit dem Fokus der Team- und Persönlichkeitsentwicklung. Und nochmals: in sozial angespannten Situationen empfehlen wir, Begleitung von außen in Anspruch zu nehmen.

    Rhythmus und Inhalte der Treffen

    Es braucht eine verpflichtende Vereinbarung, regelmäßige Treffen abzuhalten.

    Es braucht einen festen, unumstößlichen Zeitraum, der für alle Beteiligten passt.

    Die Treffen gelingen auf Dauer am besten, wenn sie vorbereitet sind, gut moderiert und geleitet werden, wenn Beschlüsse schriftlich festgehalten werden und die Umsetzung nachgehalten wird.

    Die Treffen gliedern sich in:

    1. Arbeitsbesprechungen (Schwierigkeitsgrad: relativ leicht)
      Dies sind tägliche oder zumindest regelmäßige (je nach Intensität der Zusammenarbeit) Besprechungen der Menschen in direktem Arbeitszusammenhang. In größeren Gemeinschaften können das verschiedene Teams sein (Stallteam, Vermarktungsteam etc.).
      Themen: wer macht was, was braucht es dafür, wo benötigt es Unterstützung oder was nimmt Einfluss auf die Andern.
    2. Treffen für strategische, allgemeine Fragen (Schwierigkeitsgrad: mittel)
      • Daran sollten in gemeinschaftlich geführten Betrieben alle Gesellschafter und Verantwortliche einer Gemeinschaft mit den Lebenspartnern teilnehmen, in der Regel mindestens 2 Stunden pro Woche, viele Gemeinschaften machen das an einem festen Abend in der Woche.
      • Diese darf nicht für alltägliche operative Absprachen verwendet werden.
      • Es soll ein Protokollbuch für Beschlüsse geführt werden, die regelmäßig auf Erledigung durchgesehen werden.
      • Wenn es der Gemeinschaft möglich ist, eine/n aus ihrer Mitte als Gesprächsführer/in und einen als Protokollantin/en zu benennen, ist das ideal. Diese Aufgabe kann auch rotieren.
      • Es braucht regelmäßige Treffen aller Verantwortlichen einer Gemeinschaft, aber möglicherweise zusätzliche strategische Treffen innerhalb der Verantwortungsbereiche (B. ein gemeinsames Frühstück des Gärtnereiteams am Mittwochmorgen).
      • Ziele: Information über wichtige Geschehnisse und Entwicklungen, Diskussion und Entscheidung strategische Fragen, Beratung der Kollegen, Beschluss von Außerplanmäßigem, Erarbeitung von Leitbild, Strategie, Verabschiedung von Jahresbudget, Bewertung von BWAs/FiBu usw.
    3. Treffen zur Reflexion der Zusammenarbeit (Schwierigkeitsgrad: schwer)
      • Dafür kann es zielführend sein, externe Begleitung in Anspruch zu nehmen, insbesondere in sozial angespannten Situationen.
      • Dient der Bewertung der Zusammenarbeit, um Bewährtes zu stärken und weniger Gelungenes oder Vermisstes zu verbessern zu entwickeln.
      • Sollte regelmäßig zumindest einmal im Jahr gemacht werden oder bei Bedarf. Indizien für die Notwendigkeit einer Evaluation sind
        • über einen längeren Zeitraum wird die Begegnung mühsam, Gespräche verlaufen zäh und niemand freut sich darauf
        • einige Teilnehmer ziehen sich zurück oder sagen nichts mehr
        • man hört sich nicht zu, man begegnet sich nicht auf einer Ebene, es gibt Koalitionsbildungen
        • man dreht sich im Kreis, findet nicht zu gemeinsamen Bildern und Beschlüssen
        • es hat sich Misstrauen gebildet und man redet nicht über die wirklich wichtigen Dinge
      • Mögliche Themen
        • Gelingen die regelmäßigen Arbeitsbesprechungen, was ist zu verbessern?
        • Gelingt die strategische Arbeit? Kommen dabei die wirklich wichtigen Dinge zur Sprache? Wie können wir diese Arbeit verbessern?
        • Begegnen wir uns auf Augenhöhe? Bringen sich alle ihrem Wunsch gemäß genügend ein? Was sind unsere Bedürfnisse dabei? Was lässt sich verbessern?
        • Stärken wir uns gegenseitig oder ziehen wir uns mehr runter? Wie lässt sich die Situation verbessern?
        • Hören wir uns gegenseitig aufmerksam zu, nehmen es auf und lassen uns bewegen von den Gedanken der Anderen? Wie verbessern wir unsere Gesprächskultur?
        • Findet vor Entscheidungen eine gute Bildgestaltung statt in der alle wesentlichen Gesichtspunkte erörtert werden? Treffen wir Entscheidungen zeitnah und in der Regel ohne Streit?
        • Werden Beschlüsse festgehalten und in der vereinbarten Zeit umgesetzt?
        • Sind unsere Beschlüsse nachhaltig, oder müssen wir oft nachjustieren?
        • Möchten wir weitere Begegnungsräume schaffen? Durch gemeinsame Aktionen oder auch konkrete Orte wie zum Beispiel bestimmte Plätze im Garten?
        • Lebensgemeinschaften: Funktionieren unsere gemeinsamen Mahlzeiten? Wer kocht dann wann und wo? Schaffen wir einen Ausgleich dafür der allen passt?
        • Wollen wir zusätzliche Rituale, wie Vorlesen von Sprüchen, kurze eigene Gedanken, das Feiern von Jahresfesten integrieren?
    4. Treffen für gemeinsame „geistige“ Arbeit
      • Durch gemeinsames Lesen und Besprechen z.B. von Grundlagenwerken erlebt man andere Seiten der Kooperationspartner und Gemeinsamkeiten kennen und schätzen. Wenn es gelingt, wird sichtbar wie fruchtbar die gemeinsame Arbeit durch sich ergänzende Blickwinkel ist, und es entstehen Bilder für die gemeinsame Leitbildarbeit.
      • Geeignet ist z.B. grundlegende Literatur über biodyn./bio-org. Wirtschafts-weise oder gemeinschaftliche Betriebsführung (z.B. Frederic Laloux)
      • Bewährt hat sich auch, dass z.B. zu jedem Hofabend jemand sich vorbereitet mit einer Darstellung eines grundlegenden Themas, das sie/ihn sehr beschäftigt. Dies kann kurz und prägnant zu Beginn gemacht werden mit anschließendem kurzem Austausch darüber (ca.20-30 Minuten insgesamt). Durch diese Methode kann sich das Eigene einer Person zeigen, und dadurch das Verständnis und die Verbundenheit wachsen.

    Ergänzungen und Erweiterungen

    Es gibt viele Methoden und Ansätze für die Verbesserung der Teamkultur. Eine kleine Auswahl wollen wir an dieser Stelle vorstellen.

    Die Graves-Analyse

    Die Graves-Analyse zeigt jedem Nutzer der Umfrage, welche Wertehaltungen und Motivationsfelder einzelne Menschen einer Hofgemeinschaften oder eines Teams mitbringen. Zudem gibt sie Aufschluss darüber, wie Motivation entsteht und durch welche Verhaltensmuster Kooperation gefördert oder Konflikte provoziert werden. Die Analyse zeigt zugleich, welche Formen der Kommunikation und welche Führungsinstrumente für die jeweiligen Gemeinschaften förderlich sind. Die Befragung ist kostenpflichtig, erfolgt online und dauert ca. 20 Minuten. Hierfür erhalten Sie von der Beratungsfirma Kugler-Rosenberger GbR einen passwortgestützten Zugang. Die Ergebnisse werden natürlich nur Ihnen zu gesendet und anschließend mit Ihnen besprochen.

    Das DISG-Modell

    Diese Methode ist stark an der Temperamentenlehre der vier verschiedenen Charaktere (Choleriker, Sanguiniker, Melancholiker, Phlegmatiker) orientiert. Sie kann helfen, Stärken und Schwächen der verschiedenen Charaktere zu beleuchten und das Verständnis füreinander sowie die Kommunikation zu verbessern. Es gibt für diese Methode professionelle Anbieter, im Netz finden sich auch Bögen zum freien Herunterladen. Ansonsten ist diese Methode im Büchlein „Das neue 1x1 der Persönlichkeit“, von Lothar Seiwert und Friedbert Gay, GU Verlag, enthalten (12.99.- €). Wenn sich einer aus einer Gemeinschaft darauf vorbereitet, kann er/sie die anderen anleiten für eine gemeinsam durchgeführte Analyse mit anschließender Besprechung der Ergebnisse und Besprechung der Erkenntnisse und Konsequenzen daraus.

    Systematische Reflexion

    Diese Methode eignet sich einerseits zur Verbesserung der Gesprächskultur, andererseits für die Bearbeitung von leichten Konflikten (unter Anleitung). Es geht dabei zu lernen, der Wahrnehmung, die entstandenen Gefühle, die damit verbundenen Bedürfnisse und den Verbesserungsvorschläge nacheinander Raum zu geben anstatt diese zu vermischen und vor allem statt selbst den anderen zu interpretieren.

    Rollen verhandeln

    Diese Methode eignet sich dafür zu lernen, sich gegenseitig einerseits positive Rückmeldung zu geben, andererseits charmant aber deutlich zu spiegeln was man gerne anders hätte. Auch diese Methode muss gut angeleitet und klar moderiert werden, kann aber, insbesondere wenn sie z.B. einmal jährlich wiederholt wird, nachhaltig die Teamkultur verbessern.

    Umgang mit Bedürfnissen

    Diese Abbildung unter „weitere Materialien“ verdeutlicht, wie eine Wahrnehmung einer Aktion im Team unbewusst mit unseren eigenen Bedürfnissen abgeglichen und bewertet wird. Um dann entweder zu Reaktion oder zu Rückzug mit Ärger, Wut oder Totstellen führt. Sie ist geeignet, im Team das eigene Verhalten zu reflektieren und nach Verbesserungsmöglichkeiten zu suchen.

  • Beispiele

    Hier finden Sie Beispiele von Hof-Gemeinschaften:

  • Arbeitsblätter

    Hier können Sie unsere Arbeitsblätter herunterladen:

  • Weitere Materialien

    Diese weiteren Materialien stellen wir Ihnen zur Verfügung:

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